Haushaltrede 2012

Haushaltsrede 2012

Veröffentlicht am 14. Dezember 2011 auf www.gruene-muenster.de

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

sehr geehrte Frau Kämmerin Bickeböller,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen

sehr geehrte Damen und Herren,

hochverehrtes Publikum,

in meiner Haushaltsrede zum Haushaltsplanentwurf 2012 werde ich mich heute im Wesentlichen auf folgende drei Aspekte beschränken:

1. den gegenwärtigen Stand der Bemühungen zur Haushaltskonsolidierung,

2. die strategische Grundlage der Bemühungen zur Haushaltskonsolidierung,

3. unsere Grünen Ziele und Maßnahmen beim Haushaltplanentwurf 2012

I. Gegenwärtiger Stand der Bemühungen zur Haushaltskonsolidierung

(die Haushaltsbilanz)

Kommunale Haushaltskrisen gehören – nicht erst seit gestern – zu unserem Alltag. Es ist auch nichts Neues, wenn eine strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen beklagt wird.

Trotzdem – und darauf haben ja auch meine Vorredner hingewiesen – befinden wir uns weiterhin mit Blick auf die Finanzen in einer kritischen Situation.

Lassen Sie mich einmal kurz, wie sagt man so schön zum Jahresabschluss: „Bilanz ziehen“. Ein Rückblick in die Bilanz und Ergebnisrechnung!

Wie hat sich eigentlich das Vermögen der Stadt Münster in den letzten drei Jahren entwickelt? (d.h. nach dem Wechsel von der Kameralistik auf das Neue Kommunale Finanzmanagement zum Stichtag 01.01.2008).

Ich beziehe mich in meinen Angaben auf die Feststellungen des Amtes für Wirtschaftlichkeitsprüfung und Revision1.[1]

Die Lageberichte bzw. die Jahresabschlüsse der Haushalte der Stadt Münster der letzten drei Jahre machen Folgendes deutlich:

  • im Jahr 2008 ist das Vermögen der Stadt Münster noch um 18,5 Mio. EUR vergrößert worden,
  • im Jahr 2009 ist das Vermögen der Stadt Münster um 37,8 Mio. EUR geschmälert worden,
  • im Jahr 2010 ist das Vermögen der Stadt Münster um 60,6 Mio. EUR geschmälert worden.

In der Summe hat somit die regierende Mehrheit, in den letzten drei Jahren das Vermögen der Stadt Münster deutlich vermindert und die Neuverschuldung um fast 80 Mio. EUR vergrößert.

Daraus folgt leider auch, dass trotz der umfangreichen – häufig weniger erfolgreichen – Konsolidierungsbemühungen in den vergangenen fast 10 Jahren, weiterhin ein steigendes strukturelles Defizit im Haushaltsplan besteht.

Ob die Jahresergebnisse der letzten drei Jahre mit dem einstimmig im Jahr 2010 verabschiedeten Haushaltskonsolidierungszielen [2] in Einklang stehen, stellen wir Grünen in Frage.

Zur Erinnerung! Wir Grünen haben nicht erst in den letzten 3 Jahren strategische Alternativvorschläge zum Etatentwurf gemacht. Diese Vorschläge sahen u.a. den Verzicht auf klimabelastende Investitionen z.B. im Straßenbau vor und hatten gleichzeitig haushaltsentlastende Wirkung.

So haben wir jeweils locker die von der Kämmerin vorgegebenen Sparziele übertroffen.

Besonders zu beklagen ist zudem, dass es trotz erhöhter Steuereinnahmen zu keiner wirklichen Entlastung kommt.

Wenn man die wesentlichen Änderungen bei den „ordentlichen Erträgen“ der letzten drei Jahresabschlüsse beleuchtet[3], wird deutlich, dass trotz der hohen Neuschulden in den letzten drei Jahren die „ordentlichen Erträge“ um

  • im Kalenderjahr 2008 um 40,3 Mio. EUR gestiegen,
  • im Kalenderjahr 2009 um 36,4 Mio. EUR gestiegen,
  • im Kalenderjahr 2010 um 45,2 Mio. EUR gestiegen sind.

D.h. eine Steigerung der „ordentlichen Erträge“ um mehr als 121,9 Mio. EUR.

Für das Kalenderjahr 2011 hat uns die Kämmerin mit einem Schreiben vom 24.11.2011 mitgeteilt, dass die Gewerbesteuereinnahmen in diesem Jahr voraussichtlich mit einem Wert von 295 Mio. EUR abschließen werden.

In Summe sind die „ordentlichen Erträge“ allein durch die Gewerbesteuereinnahmen in den letzten Jahren um fast 70 Mio. EUR gestiegen.

Mit Genugtuung stelle ich jedoch hier fest, dass die im letzten Jahr vorgenommene und von uns bereits seit 4 Jahren geforderte Anhebung des Gewerbesteuerhebesatzes offenbar von der lokalen Wirtschaft [4] weitgehend problemlos weggesteckt werden konnte und die durchaus mitschwingenden Sorgen unbegründet waren.

Ob dieser positive Trend anhält oder ob die Finanzkrise die heimische Realwirtschaft nicht doch noch abwürgt oder zumindest spürbar bremst, lässt sich seriöser weise nicht vorhersagen.

Vorsorglich weist die Kämmerin mit selbigen Schreiben vom 24.11.2011 schon darauf hin, dass das Defizit 2014 aufgrund derzeitiger Prognosen zu den Gewerbesteuereinnahmen nicht bei 20 Mio. EUR liegen wird, sondern voraussichtlich rd. 26 Mio. EUR betragen wird.

Und es schlummern weitere Risiken, die bei der Haushaltskonsolidierung berücksichtigen werden müssen.

Hierbei handelt es sich z.B.

  • um die unterjährigen Kassenkredite in Höhe von rd. 125 Mio. EUR, die die Stadt zur Wahrung der Liquidität benötigt. Wir können von Glück reden, dass gegenwärtig die Zinsen niedrig sind, aber das kann sich in der Krise ja schnell ändern. Und dann???
  • das Risiko der in den kommenden Jahren zunehmenden Versorgungsaufwendungen (im Jahresabschluss 2010 betrug die Steigerung allein 4,7 Prozent).
  • die im Haushaltplanentwurf 2012 eingerechnete 1,5%ige Tarifsteigerung im Öffentlichen Dienst dürfte von unserem Tarifpartner Verdi wohl kaum so unterschrieben werden.
  • eine im Haushaltsplanentwurf 2012 noch unberücksichtigte Umlagenerhöhung des LWL scheint beschlossene Sache und dürfte noch nicht das Ende dieser Entwicklung bedeuten.

Und ein noch Blick über den Tellerrand des städtischen Haushaltes hinaus.

Zu beachten sind aus unserer Sicht natürlich auch externe Risiken wie,

  • die ständig steigenden Belastungen durch Aufgabenübertragung des Bundes oder des Landes auf die Stadt Münster oder
  • durch einen ungerechten Finanzausgleich (GFG) zwischen Kernstädten und Umland

Ich komme zu meinem ersten Zwischenfazit zum Haushaltsplanentwurf 2012:

Aus unserer Sicht hat eine ECHTE KONSOLDIERUNG durch die Mehrheit im Rat nicht stattgefunden.

Fakt ist,

  • in den letzten drei Jahren rd. 80 Mio. EUR Vermögensschmälerung aufgrund höherer Aufwendungen,
  • gleichzeitig allein mehr 121,9 Mio. EUR „ordentliche Erträge“.

Das ist das Ergebnis laut Jahresabschlüsse der regierenden Mehrheit!

Wie die potentiellen Risiken minimiert werden sollen, bleibt das Geheimnis von CDU und SPD!

Komme ich zum zweiten Aspekt der strategischen Grundlage der Bemühungen der Haushaltskonsolidierung.

II. Haushaltsstrategie (Schulden-, Klimaschutz- und Gerechtigkeitskrise)

Herr Oberbürgermeister, Sie haben in ihrer Einbringung des Haushaltsplanentwurfs 2012 darauf hingewiesen, dass es sich aus ihrer Sicht bei der Schuldenkrise um die größte Krise handelt, welche die Welt derzeit kennt und gefährdet.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, ich möchte Sie darauf hinweisen, dass es aus unserer Sicht neben der Schuldenkrise aber ebenso bedeutsame (wenn nicht sogar bedeutsamere) Krisen gibt und hierbei handelt es sich neben

1. der Schuldenkrise um

2. die Klimaschutzkrise und

3. die Gerechtigkeitskrise.

Unsere Grüne Haushaltstrategie beruht auf der Grundlage, dass wir die verschiedenen Krisen versuchen in einem Gesamtpaket zu lösen. Es gibt gemeinsame Ursachen und wechselseitige Beziehungen zwischen den drei Krisen!

Wir können und dürfen es uns nicht leisten, alle Lasten auf die Zukunft zu schieben.

Eine politische Antwort auf die drei Krisen muss unserer Auffassung nach die verschiedenen Interessen aufnehmen um alle kommunalen Belange zu berücksichtigen.

Wer die Krisen gegeneinander ausspielt, wer meint Antworten auf die Klimakrise oder die Gerechtigkeitskrise wegen der Schulden- bzw. Wirtschaftskrise aufschieben zu können, der wird aus unserer Sicht schon in absehbarer Zeit scheitern.

Die konkreten Ziele und Maßnahmen bei den 17 Produktgruppen und der hohen Anzahl von Produkten des Haushaltsplanentwurfs 2012 sollten sich aus unserer Sicht an einer Gesamtstrategie ausrichten.

Unsere grüne Gesamtstrategie hat

1. die Klimaschutzkrise,

2. die Gerechtigkeitskrise und

3. die Schuldenkrise

gleichzeitig im Fokus.

Das Rechnungsprüfungsamt weist im letzten Bericht über die Prüfung der Jahresabschlüsse darauf hin, dass die intergenerative Gerechtigkeit in Münster dauerhaft nicht eingehalten werden kann. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass in Zukunft weite Teile des Eigenkapitals verbraucht sein werden.

Das Klimaschutzkonzept 2020 für die Stadt Münster zeigt weiterhin auf, dass wir mit der Umsetzung der in dem Bericht ausgewiesenen technischen-wirtschaftlichen Potentiale eine 30 %ige CO2-Reduzierung bis zum Jahr 2020 realisieren können. Um auf das vorgesehene 40 %-Ziel zu kommen, müssen wir darüber hinaus vielfältige Maßnahmen initiieren.

Haushaltskonsolidierung allein ist aus unserer Sicht keine ausreichende mittelfristige bzw. langfristige Strategie für Münster sondern ein kurzfristig notwendiges Gegensteuern: Mehr Nicht!

Ihnen, Herr Oberbürgermeister Lewe, möchte ich in Erinnerung bringen, dass die von Ihnen initiierte Arbeitsgruppe zur „zielorientierten Steuerung des Haushalts“ meiner Kenntnis nach noch nicht zu Ende getagt hat.

Oder anders ausgedrückt „Sang- und Klanglos“ verschwunden ist, obwohl Sie – und dies zuletzt in Ihrer Haushaltsrede zur Einbringung des Haushaltsplanentwurfs 2012- auf die bestechenden Vorteile der zielorientierten Steuerung aller kommunalen Belange hinweisen.

Jetzt können wir aus dem Haushaltsplanentwurf 2012 (vgl. S. 22) entnehmen, dass zum Haushaltsplanentwurf 2013 ein Strategiepapier entwickelt werden soll, dass die obersten drei Zielebenen nennt, erläutert und vor allem deren inneren Bezug zueinander (Zielableitung) begründet.

Wir lassen uns gerne überraschen!

Mein zweites Zwischenfazit:

  1. Von einer zielorientierten Steuerung aller kommunalen Belange auf der Grundlage einer ganzheitlichen Strategie ist die Mehrheit noch weit entfernt.
  2. Eine ganzheitliche Strategie zur Bewältigung der Schulden-, Klimaschutz- und Gerechtigkeitskrise für die Stadt Münster gibt es gegenwärtig aus Sicht der Grünen nicht!

Um das klar zu stellen: Auch wir Grünen halten an dem Ziel der Haushaltskonsolidierung fest und wollen bis 2020 einen ausgeglichenen Haushalt ohne weitere Neuverschuldungen.

Mittel- bis langfristig fordern wir weiterhin eine deutliche Schuldenreduzierung um den politischen Gestaltungsspielraum in Münster wieder zu erhöhen.

Wir sind uns sicher, alleinige Sparanstrengungen werden nicht ausreichen, um die gigantischen Schuldenberge und alle Krisen zu bewältigen.

Komme ich jetzt zum dritten Aspekt meiner heutigen Rede.

III. Ziele und Maßnahmenschwerpunkten für den Haushaltsplanentwurf 2012

Für uns Grünen war bei der Aufstellung des Haushaltsplanentwurfs 2012 wichtig, dass alle Belange berücksichtigt werden, d.h.

  • unsere politischen Ziele
    • wie Bildungsgerechtigkeit,
    • soziale Teilhabe und
    • ökologische Modernisierung der Stadt zur Bewältigung der Klimaschutzkrise

dürfen im Rahmen Haushaltskonsolidierung nicht unberücksichtigt bleiben.

  • Die Haushaltskonsolidierung selbst darf nicht nur auf den Schultern der heute in Münster lebenden (und teilweise von Armut betroffenen) Bürgerinnen und Bürgern ausgetragen werden.
  • Unabdingbare Leistungskürzungen bei den einzelnen Maßnahmen sollten gerecht und am Bedarf orientiert sein.

Vom Rasenmäher-Prinzip d.h. pauschale Kürzungen von z.B. 10 % – wie es schwarz-rot in diesem Jahr wieder mal praktiziert halten wir Grünen nichts. Das ist Haushaltspolitik leicht gemacht.

Aber wir wissen alle, umsonst sind Gerechtigkeit und die Finanzierung der Daseinsfürsorge nicht zu haben!

Die Chance, weitere wirksame Maßnahmen in Münster zur Armutsbekämpfung auf den Weg zu bringen, werden von der Mehrheit hier im Rat mit dem Haushaltsplanentwurf 2012 nicht ergriffen, sondern verhindert.

Wie sonst sollen künftige Generationen den Schuldenberg jemals wieder abtragen?

Wir fragen uns, warum beispielsweise die CDU/SPD die Armut von Kindern und Jugendlichen nicht wirksam bekämpfen will. Den Bedarf sehen alle, unserem Antrag, das Maßnahmeprogramm um weitere 98.000 EUR aufzustocken, will die Mehrheit hier nicht – obwohl im Fachausschuss die SPD den Antrag noch fachlich unterstützte. Die Kinder-, Jugend- und Familienpolitik wird hier offensichtlich der Koalitionsräson unterworfen.

Gerade in Zeiten der Krisen brauchen wir mehr Geld für gute Bildung. Der aktuell vorliegende Großstädte-Vergleich macht deutlich, dass in den Jahren 2005 bis 2009 in Münster der Anstieg von Schulabgängern ohne Hauptschulabschluss um 1,3 Punkte gestiegen ist. Insgesamt im Mittel jedoch ein Rückgang um 1,6 Punkte verzeichnet wird.

Deshalb fragen wir uns, warum der zweistufige Ausbau der Lernwerkstätten (mit einem Mehraufwand von rd. 150.000 EUR), für junge Menschen mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche und Dyskalkulie nicht unterstützt, sondern abgewürgt wird. In den Fachausschüssen wird von allen Anwesenden die Notwendigkeit des Ausbaus unterstrichen. Aber wenn es um die Umsetzung geht, wird blockiert.

Ob leer stehende Schulgebäude wie die Wartburg-Hauptschule am Coesfelder Kreuz oder die Josefschule im Geistviertel wirklich so zügig wie von CDU/SPD gewollt verkauft werden müssen -, ohne das ein abschließender Schulentwicklungsplan vorliegt, stellen wir ebenfalls in Frage. Sie wissen alle, wie notwendig „Eine Schule für Alle“ von 1 bis 13 für die Zukunft unserer Gesellschaft ist.

Mit unseren Anträgen zum Haushaltsplanentwurf 2012 fordern wir, dass soziale Gerechtigkeit in der Stadt weiterhin möglich ist und in Balance gehalten wird. Auf einige unserer Anträge (die Gesamtliste liegt Ihnen ja vor) möchte ich noch einmal gesondert eingehen:

  • Im Bereich der „Erzieherischen Hilfen“ wollen wir, dass die Standardabsenkung bei den Heilpädagogischen Tagesgruppen zurückgenommen wird; da ein Betreuungsschlüssel von 1:3 statt 1:4 fachlich notwendig ist.
  • In der Offenen Ganztagsschule wollen wir, dass eine Qualitätsoffensive initiiert wird. Hierzu sollte es zunächst einmal zu einer Aufstockung der Koordinationsstellen kommen. Wir haben deshalb den Etatansatz um 200.000 EUR jährlich erhöht.
  • Die Tagesbetreuung für Kinder muss zügig unter Qualitäts- und Flexibilisierungsaspekten ausgebaut werden. Unser Antrag, für weitere Großpflegestellen ein Mietkostenübernahmebudget zur Verfügung zu stellen, da wo es nicht gelingt kostenlose Räume bereitzustellen – einfach abgelehnt, obwohl es einen Finanzierungsvorschlag gab (Beitragsfreies Kitajahr).
  • Darüber hinaus wollen wir die 1,75%ige Kürzung bei den freien Trägern nicht umsetzen. Die Finanzierung der Kürzung soll aus Haushaltsresten kompensiert werden soweit das ohne Qualitätseinbußen möglich ist. Eine pauschale Kürzung ohne Berücksichtigung des Bedarfs lehnen wir entschieden ab!
  • Wir sehen im Wandel unserer Bevölkerungsstruktur keinen Grund zur Resignation oder Panikmache, sondern Chancen zur aktiven politischen Gestaltung. Deshalb beantragen wir die Initiierung einer Informations-, Beratungs- und Koordinierungstelle für moderne Wohnformen im Alter. Wir müssen uns in dieser Stadt verstärkt um Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf kümmern. Veränderte Ansprüche wie z.B. ein Mehrgenerationenwohnen verlangen nach Unterstützung bei der Entwicklung von Quartierskonzepten.
  • Was den Münster-Pass betrifft, so freuen wir Grünen uns über dessen große Akzeptanz. Aber wir haben als Six-Pack vor gut einem Jahr auch eine Weiterentwicklung besprochen. Umso mehr sind wir erstaunt, dass jetzt die SPD unseren Vorschlag den Kreis der Berechtigten zu erweitern, nicht folgt. Der Münster-Pass bleibt nur eine Erfolgsgeschichte, wenn wir weiterhin gemeinsam an einem Strang ziehen.

Alle diese Anträge – und viele weitere mehr – wurden von der Mehrheit in den jeweiligen Fachausschüssen – und voraussichtlich auch heute hier im Rat – abgelehnt.

Wir möchten allerdings nicht unerwähnt lassen, dass wir über die Einigkeit zum neuen Südbad erfreut sind. Wir erwarten allerdings, dass der Schwimmverein Südbad e.V. bei der weiteren Planung beteiligt wird. Warum das Südbad aber nur von einem Investor gebaut werden kann und nicht die Stadt selbst – bei den gegenwärtig niedrigen Zinsen als Investor auftreten kann – erklärt sich uns nicht. Ferner sind wir mehr als neugierig, welcher Investor bereit ist, ein Bad zu bauen,

  • das dem Schul- und Vereinssport dient und

    gleichzeitig sich als Betreiber verpflichten lässt, das neue Südbad für die Öffentlichkeit zugängig zu machen und

  • die Eintrittspreise an die städtischen Bäder anzupassen.

Ebenso gespannt sind wie auf die Wirtschaftlichkeit dieser Aktion von schwarz-rot, denn für die Schul-Schwimmstunden soll die Stadt Miete zahlen.

Unser Vorschlag Planungsmittel in den Haushaltsplanentwurf 2012 einzustellen, damit zügig das neue Südbad mit Nutzung der regenerativen Energien gebaut wird, wird leider ebenso mehrheitlich abgelehnt.

Auch über die 180 Grad Wendung der CDU/SPD bei der PTA sind wir erfreut. Wir sind jedoch der Meinung, dass die Übertragung der Trägerschaft an den Apothekerverband eine solidere und nachhaltigere Finanzierung der PTA gewährleistet. Wer einmal seine politische Auffassung um 180 Grad gedreht hat, kann dies auch schnell ein zweites Mal tun, denn in der Haushaltskonsolidierung werden wir bleiben.

Ich ziehe das dritte Zwischenfazit:

Die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der sozialen Gerechtigkeit wird von der Mehrheit – mehr denn je – blockiert.

  • Durch pauschale Kürzungen versucht die Mehrheit den Haushalt zu konsolidieren – zu Lasten der Träger.
  • Im Zentrum der Auseinandersetzungen steht nicht der Bedarf der einzelnen Leistungen sondern vielmals ausschließlich die monetäre Wirkung der Streichung.
  • Vielfältige wichtige soziale, sportliche und kulturelle Angebote werden in der Stadt beschnitten.
  • Zukunftsfähige Maßnahmen bleiben weitestgehend unberücksichtigt.

Die Gerechtigkeitsbilanz des Haushaltsplanentwurf 2012 der politischen Mehrheit hier heute im Rat ist aus unserer Sicht fatal.

Genauso fatal ist die Verhinderungsstrategie von schwarz-rot zu der Durchsetzung unserer Ziele und Maßnahmen zur CO2-Minderung.

Wir alle wissen, der Klimaschutz ist eine der zentralen Herausforderungen unseres Jahrhunderts. Wenn es nicht gelingt, die Klimaerwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, befürchten Expertinnen und Experten teils katastrophale Folgen. Notwendig ist eine Verminderung der Emissionen in den Industriestaaten von 40 % bis 2020 und 90 bis 95 % bis 2050 gegenüber dem Stand von 1990.

Um das CO2-Minderungsziel von 90 bis 95 % zu erreichen, müssen bis 2050 mindestens die drei großen Bereiche Strom, Gebäude und Verkehr vollständig auf emissionsfreie Alternativen umgestellt sein.

Wer die Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen nicht durch Klimakatastrophe und Artensterben aufs Spiel setzen will, muss ernst machen mit der Energiewende, mit Naturschutz, mit einer Ökologisierung von Industrie und Landwirtschaft.

Wir müssen jetzt in Münster lokal handeln und den Klimaschutz voranbringen (vgl. Klimaschutzkonzept). Zur Umsetzung des Ziels haben wir für den Haushaltsplanentwurf 2012 deshalb folgende Maßnahmenschwerpunkte gesetzt.

Wir Grünen wollen, dass die im Münsteraner Klimaschutzkonzept dringend notwendigen Maßnahmen realisiert werden. Hierzu gehören für uns auch notwendige Sanierungen. Deshalb wollen wir, dass das Förderprogramm Altbausanierung mit jährlich 500.000 EUR weiter angeschoben wird.

Wir Grünen wollen auch den Ausbau von Fahrrad-Schnellstraßen, da die vorhandene Infrastruktur den Ansprüchen nicht mehr genügt. Ein Gutachten zur Entwicklung von Fahrrad-Schnellstraßen ist zwingend erforderlich. Hierfür wollen wir 20.000 EUR in den Haushaltsplanentwurf 2012 einstellen.

Um u.a. das Klimaschutzziel einer CO2-Reduktion von 40 % bis 2020 auch im Straßenverkehr zu erreichen, wollen wir dafür sorgen, dass möglichst viele Wege von Fußgängern oder mit dem Fahrrad, Bus und Bahn zurückgelegt werden.

Um die ständigen Staus am Bahnübergang Heroldstraße zu verringern, muss keine neue Straße gebaut werden, sondern der Verkehr durch Umstieg auf Fahrrad, Bus und Bahn verringert werden. Damit streichen wir 500.000 EUR aus dem Haushaltsplanentwurf 2012.

Ebenso ist der geplante Ausbau der Eschstraße oder der Ausbau des Albersloher Weges nicht notwendig so wie der einiger anderer Straßen.

Insgesamt kommen wir auf ein Einsparpotenzial im klima- und finanzbelastenden Straßenbau von rd. 2,6 Mio. EUR. Die Projekte könnten wir beruhigt zu den Akten legen.

Dass sich CDU/SPD jetzt unseren Vorstellungen bei der zügigen Sanierung des Schiller- und Ratsgymnasiums anschließt, begrüßen wir sehr. Die Sanierung der Gebäude ist längst überfällig. Hier drohen bekanntlich gesundheitliche Gefahren für LehrerInnen und SchülerInnen.

Ich ziehe mein letztes Zwischenfazit:

  • Vorschläge, von der regierenden Mehrheit um das CO2-Ziel zu erreichen, gibt es kaum!
  • Unsere Prioritätenverlagerung erlaubt es, auf Klima belastende Investitionen zu verzichten, um ein mehr an sozialer Gerechtigkeit möglich zu machen.

Komme ich zu unserer Gesamtbilanz.

IV Gesamtbilanz zum Haushaltsplanentwurf 2012

  • Offen bleibt, ob die Sparanstrengungen ausreichen werden, um den gigantischen Schuldenberg in Höhe von mehr als 750 Mio. EUR mittel- bis langfristig zu reduzieren.
  • Eine echte Konsolidierung durch die Mehrheit im Rat hat bislang nicht stattgefunden.
  • Eine ganzheitliche Strategie zur Bewältigung der verschiedenen Krisen gibt es seitens der gegenwärtigen politischen Mehrheit nicht!
  • Unsere Strategie, unsere Ziele und unsere Prioritätensetzung bei den einzelnen Maßnahmen bzw. in den politischen Schwerpunktbereichen dagegen unterstützen die Haushaltskonsolidierung, erhöhen die Gerechtigkeit, sind nachhaltig.
  • Die Anliegen der freien Träger (u.a. beim Sparkassenfonds) und der Bürgerinnen und Bürger (beim Bürgerhaushalt), sich um die Belange der Stadt zu kümmern, müssen in Zukunft mehr berücksichtigt werden.

Es mag an unserem Blick auf die Dinge liegen, aber auf welcher Grundlage – außer Konsolidierung – die Mehrheit hier im Rat – ihre Prioritäten in den letzten Jahren bei den Haushaltsplänen gesetzt hat, erschließt sich uns bis heute nicht.

Meine Damen und Herren,

auf der Grundlage von reinem Aktionismus wollen wir kein Geld verteilen bzw. ausgeben!

Auch in diesem Jahr hat die schwarz-rote Koalition uns die Entscheidung leicht gemacht:

Diesen Haushalt lehnen wir strategisch und inhaltlich entschieden ab!

Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Ich wünsche Ihnen allen bzw. Euch allen ein paar erholsame freie Tage und einen guten Jahreswechsel.

Abschließend noch einen Dank von uns Grünen für die lange und gute Zusammenarbeit an die bald pensionierte Kämmerin Frau Helga Bickeböller, die bekanntlich heute ihre letzte Ratssitzung mit uns hier verbringt!


[1] Vgl. Berichte über die Prüfung des Jahresabschlusses 2008, 2009 und 2010 der Stadt Münster des Rechnungsprüfungsausschusses / Amt für Wirtschaftlichkeitsprüfung und Revision

[2] Ziel ist es

• das strukturelle Defizit bis zum Jahr 2014 auf maximal 20 Mio. EUR zu begrenzen und

• spätestens ab 2020 einen ausgeglichenen Haushalt zu haben.

[3] Vgl. Berichte über die Prüfung des Jahresabschlusses 2008, 2009 und 2010 der Stadt Münster des Rechnungsprüfungsausschusses / Amt für Wirtschaftlichkeitsprüfung und Revision

[4] Die Standortattraktivität und die Wettbewerbsfähigkeit der Münsteraner Unternehmen sind uns ein hohes Gut, sorgen sie doch für sichere Arbeitsplätze in der Stadt.

Deshalb von uns Grünen ein großes Lob und ein Dank an die Münsteraner Unternehmerinnen bzw. Unternehmer sowie Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer. Ohne ihr Engagement wäre die Bilanz der Stadt sicherlich noch deutlich schlechter (Auch wenn sie die Erhöhung selbst sicherlich kritisch sehen).

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